Drei Fragen an Dr. Getrud Demmler
3 Fragen an Dr. Gertrud Demmler

Der Goldstandard? “Ressourcen-schonende Gesundheitsversorgung“

Dr. Gertrud Demmler leitet als Vorständin die Geschicke der Siemens-Betriebskrankenkasse. Auf der WeACT Con 2025 nimmt sie an einer Podiumsdiskussion mit Politiker*innen und Verbandsvertreter*innen teil. Ein Gespräch über die Herausforderungen einer nachhaltigen Gesundheitsversorgung.

Interview: WeACT Con

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Dr. Demmler, welche Grenzen begegnen Ihnen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesundheitsversorgung?

Gertrud Demmler: Ich würde nicht davon sprechen, dass wir auf „Grenzen“ treffen. Vielmehr sehe ich die nachhaltige Transformation geprägt von Aushandlungsprozessen zwischen den verschiedenen Interessen. Das ist oft sehr zäh, aus meiner Sicht aber auch notwendig – in allen Branchen und sicher ganz besonders im Gesundheitswesen. Denn dort ist es besonders anspruchsvoll, soziale und ökologische Interessen auszutarieren. Fordert man beispielsweise hohe Umweltstandards für die Produktion von Medikamenten, steigen die Preise. Die Rechnung zahlen die Versicherten. Entsprechend gilt es in Abstimmung mit möglichst vielen Beteiligten einen guten Weg zu finden, der beide Interessen angemessen berücksichtigt. Ressourcenschonende Gesundheitsversorgung – weniger ist mehr – bleibt der „Goldstandard“ nachhaltiger Gesundheitsversorgung.

Mein Fazit: Nachhaltige Entwicklung ist auch heute schon im Gesundheitswesen möglich. Den Debatten dazu müssen wir uns stellen, auch wenn es mühsam ist. Und manchmal ist im Gesundheitswesen ein bisschen mehr Kreativität gefordert, um Lösungswege durch die komplexen Regulierungen zu finden.

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Wo ist es Ihnen oder anderen gelungen, solche Grenzen zu überwinden?

Dafür sind die Rabattverträge für Generika mit Nachhaltigkeitskriterien ein gutes Beispiel. Zu solchen Ausschreibungen, die ökologische und soziale Kriterien berücksichtigen, gab es immer viele Bedenken. Ist das rechtlich sauber? Kann ein guter Preis erzielt werden? Mit unserem Partner, der GWQ Service Plus AG, haben wir gemeinsam mit anderen Betriebskrankenkassen nach Lösungen gesucht. Schließlich ist es gelungen, eine Allianz aus 37 Betriebskrankenkassen zusammenzuführen, die sich an einer ersten nachhaltigen Ausschreibung beteiligen. In dieser Ausschreibung fordern wir von den bietenden Pharmaunternehmen, anerkannte Umweltzertifikate vorzulegen. Am Ende haben wir ein sehr positives Ergebnis erzielt. Nicht nur was den Preis angeht. Auch das Feedback aus der Pharmabranche war oft positiv. Nun plant die GWQ gerade die dritte Ausschreibung dieser Art.

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Was muss passieren, damit wir als Gesellschaft oder Sie persönlich in Ihrem Tätigkeitsfeld diese Grenzen abbauen können?

Von den Handelnden im Gesundheitswesen wünsche ich mir, eine „Kultur des Machens“ zu etablieren. Wir können gestalten und nachhaltig handeln. Im eigenen Umfeld starten, Handlungsfelder identifizieren und Lösungen suchen, das können und müssen wir heute schon tun – ganz unabhängig von neuen Regularien und Gesetzen.

Von der Politik wünsche ich mir, dass sie klare Rahmenbedingungen und ein faires Wettbewerbsfeld schafft. Insbesondere bei den notwendigen Investitionen in die Zukunft – vom Umbau der Krankenauslandschaft bis zum Sicherstellen ausreichend klimafreundlicher Energie – brauchen alle Handelnden Transparenz und Planungssicherheit. Zudem wünsche ich mir einen soliden Plan, wie die Investitionen fair finanziert werden.

Von der Gesellschaft wünsche ich mir eine Debattenkultur, die von Respekt und Weitsicht geprägt ist. Zuhören und sich auch auf anderen Sichtweisen einlassen, ist wichtig, um als Gesellschaft voran zu gehen. Sicher braucht der notwendige Dialog auch mehr Fakten und weniger Meinung.