Drei Fragen an Sophia Wagner
3 Fragen an Sophia Wagner

“Wir brauchen Leidenschaft”

Wie schaffen wir Anreize für Investitionen in langfristige Gesundheitsmaßnahmen und Prävention? Sophia Wagner vom iX-Institut empfiehlt eine Anpassung des Risikostrukturausgleichs, eine beschleunigte Digitalisierung und mehr Austausch zwischen den verschiedenen Sektoren.

Sophia Wagner arbeitet als Politikberaterin beim WeACT Con Partner "iX-Institut für Gesundheitssystem-Entwicklung". Hier sagt sie, wo sie die Hürden auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor sieht. Getreu des Mottos der WeACT Con 2025: „Denken und Handeln über Grenzen hinaus“.

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Frau Wagner, auf welche Grenzen stoßen Sie auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesundheitsversorgung?

Sophia Wagner: Eine der wichtigsten Grenzen sehe ich in den Strukturen des Gesundheitswesens, die oft fragmentiert und - wie wir alle wissen - stark reguliert sind. Finanzierung und Organisation sind maßgeblich auf akute Behandlung und reaktive Versorgung ausgerichtet, was nachhaltige Lösungen erschwert. Ein Beispiel für eine strukturelle Veränderung im Gesundheitswesen wäre ein weiterentwickelter Risikostrukturausgleich (RSA). Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZWE) hat dafür einen guten Vorschlag gemacht: Aktuell werden den Gesetzlichen Krankenversicherungen die erwarteten Kosten für ihre Versicherten einmal im Jahr über den RSA zugeteilt. Das ZWE fordert dagegen, eine zehnjährige Kostenprognose zur Grundlage des RSA zu machen – aus meiner Sicht ein guter Vorschlag, um Prävention für die Versicherungen attraktiver zu machen.

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Wie lassen sich diese Hürden überwinden?

Ein vielversprechender Ansatz für mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitssystem ist aus meiner Sicht die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. Mit digitalen Plattformen und vernetzten Systemen können wir die Versorgung neu gestalten, indem wir patientenbezogene Daten bündeln und den Zugang zu relevanten Informationen für alle beteiligten Akteure – ob Hausärzte, Fachärzte, Pflegekräfte oder andere therapeutische Berufe – vereinfachen. Das ermöglicht nicht nur eine effiziente und individuelle Betreuung, sondern verhindert auch unnötige und ressourcenintensive Doppeluntersuchungen oder Krankenhausaufenthalte. Entsprechende Projekte gibt es schon heute, aber bislang hat es noch keines in die Regelversorgung geschafft.

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Was muss passieren, damit wir als Gesellschaft diese Grenzen abbauen können?

Wir brauchen neben allen Initiativen auf individueller und Verbandsebene auch umfassende politische Anreize, die langfristige Ansätze belohnen und Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren fördern. Dafür müssen politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die nicht nur Klima- und Gesundheitspolitik, sondern auch die Finanzierungs- und Innovationspolitik verbinden. Statt weiterer Modellprojekte sollten wir erfolgreiche Ansätze zügig in bundeseinheitliche Strukturen überführen.

Wir stehen gerade erst am Anfang von so vielen Dingen. Und genau deshalb braucht es die WeACT Con – damit die richtigen Leute sich vernetzen. Wir brauchen die leidenschaftlichen, ambitionierten und energiegeladenen Pionierinnen und Pioniere, die entsprechend ihrer Expertise ihre Themen vorantreiben.